Theokrat in Wartestellung
Mike Pence - Vice-Präsident der USA
Für Trump fungiert Pence als Verbindungsglied zum erzkonservativen, streng religiösen republikanischen Flügel, der mit dem Selfmade-Milliardär Trump fremdelt. "Christ, Konservativer, Republikaner, in dieser Reihenfolge" - so beschreibt Mike Pence sich selbst.
US-Vizepräsident Mike Pence – ein christlicher Theokrat im Wartestand?
Trumps Vize Mike Pence scheint sich jedoch nicht damit begnügen zu wollen, Bürgern, Familien und Gemeinschaften, die auf ein Leben nach biblischen Wertmaßstäben Wert legen, Schutz vor dem Zugriff des säkularen Staates zu gewähren. Vielmehr sei es ihm, schreibt Jeremy Scahill in seinem Essay für "The Intercept", ein Anliegen, diese Wertmaßstäbe proaktiv zum Gegenstand staatlicher Politik zu machen und in letzter Konsequenz auch diese selbst religiösen Gesetzen unterzuordnen.
Der künftige Vizepräsident wuchs in einem katholischen Haushalt von Kennedy-Demokraten auf. Er konvertierte auf einem christlichen Musikfestival in Kentucky jedoch zum evangelikalen Christentum und gehört diesem seit dieser Zeit an. Pence beschreibt sich selbst als "Christ, Konservativer und Republikaner – in dieser Reihenfolge".
Scahill, der bereits ein Buch über den, wie er ihn ortet, "geheimen Fundamentalismus im Herzen der amerikanischen Macht" verfasst hat, mahnt, dass Trump für das "Komplott der wildgewordenen Zeloten", die bereits seit langem eine "christliche Theokratie" anstreben, nur die Funktion eines trojanischen Pferdes habe, während ihr Hauptinteresse Mike Pence gilt.
Für sie ist der Säkularismus der Feind", meint der Autor. "Sie wollen eine von Gott gelenkte Regierung. Das ist [für sie] die einzig legitime Regierung. […] Wenn sie also vom Geschäft sprechen, sprechen sie nicht von etwas, das von Gott getrennt wäre, sondern von etwas, das in den Kreisen von Mike Pence als biblischer Kapitalismus bezeichnet würde, die Idee, dass dieses Wirtschaftssystem von Gott befohlen wäre."
Pence, so der "Intercept"-Autor, habe im Unterschied zu Trump, der sich in vielen Themenbereichen erst entwickelt hätte, zeitlebens für das stark gemacht, was er als einen "christlichen Dschihad" bezeichnet. Er habe nie einen Abstrich an seinem "Amerika-zuerst-Militarismus" gemacht. Pence würde, so deutet Scahill an, den Schwangerschaftsabbruch zu einem Bundesverbrechen erklären und staatliche Mittel für die "Konversionstherapie" locker machen wollen, deren Ziel es ist, Homosexuelle von ihrer Neigung zu "befreien".
Mike Pence würde selbst die am weitesten reichenden Befugnisse für Sicherheitsbehörden billigen, die der Patriot Act hergibt. Er lehnt es demnach unter anderem ab, dass Bundesbehörden erst einen Beschluss auf der Basis des Gesetzes zur Überwachung in der Auslandsaufklärung (FISA) einholen müssen, um im Inland Hausdurchsuchungen durchzuführen oder Telekommunikationseinrichtungen zu überwachen.
Zwar hatte Pence als Gouverneur von Indiana unter dem Eindruck der Snowden-Enthüllung ein Gesetz unterschrieben, das den Gebrauch von Stingray-Telefonüberwachungstools einschränkte, andererseits hatte er sich jedoch auch für eine rückwirkende Immunität für Telekommunikationsunternehmen ausgesprochen, die in Überwachungsaktionen involviert waren.
Der Vizepräsident bekannte sich zwar zur Gesetzwidrigkeit von Folter, verteidigte aber die so genannten "verschärften Verhörmethoden", die unter der Regierung George W. Bush angewandt worden waren. Diese, so Pence, hätten "Leben gerettet" – im Unterschied zu beziehungsorientierten, auf Zwang verzichtende Verhörtechniken, die er als "Oprah-Winfrey-Methoden" schmähte.
Was ebenfalls einen wesentlichen Unterschied zu Donald Trump darstellt, der in Fragen des Umgangs mit Whistleblowern wie Edward Snowden oder Julian Assange zumindest Gesprächsbereitschaft erkennen lässt, ist die rigide Haltung, die Pence diesen gegenüber an den Tag legt. Der künftige Vizepräsident, der von der ACLU im Jahr 2002 ein Rating von nur sieben Prozent im Bereich der Bürgerrechte bekam, sprach sich wiederholt gegen jedwede gesetzlichen Vorkehrungen zum Schutz von Whistleblowern aus. Mike Pence lehnt zudem eine mögliche Schließung des Gefangenenlagers in Guantanamo ab und will das System der Militärtribunale ausbauen.
Dass es in den USA tatsächlich christliche Organisationen gibt, deren Ziel es ist, die verfassungsmäßigen Rechte, die sie in den USA genießen, dafür zu nutzen, um an der Errichtung eines Staatswesens zu arbeiten, das auf religiöser Grundlage stehen soll, trifft zu.
Ähnlich wie es im Islam Kräfte gibt, die in Staaten, in denen Muslime eine Mehrheit stellen, die Verfassung durch das religiöse Recht der Scharia zu ersetzen trachten, gibt es ähnliche Bestrebungen auch im Christentum.
Beispiele für christliche Pendants zu IS oder al-Qaida sind die so genannten "Christlichen Rekonstruktionisten" wie die Theologen R.J. Rushdoony und Gary North, die tatsächlich ein staatliches System auf der Basis des Alten Testaments anstreben, in dem beispielsweise Apostasie, Ehebruch, Hexerei, Blasphemie, Homosexualität oder sogar kindlicher Ungehorsam mit dem Tod bestraft werden sollen.
Die bisherige politische Laufbahn des Mike Pence weist ihn klar als stramm konservativen Repräsentanten der Republikaner aus, der im Wesentlichen Inhalte vertritt, die innerhalb der christlichen Rechten Mainstream sind.
HM
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